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Leseprobe: Hoffnungsvoll verliebt

Den ganzen Juni gab es keinen einzigen Post hier *seufz*

Dabei war doch Pride-Month, aber es ist ja auch irgendwie alles ausgefallen.

Dafür war ich mehr oder weniger fleißig und kann nun ganz stolz verkünden, dass am 10. Juli 2020 mein neues Buch herauskommt.

Der letzte Teil der "Verliebt"-Reihe, in der sich alles um Moritz, Daniels Zwillingsbruder dreht. Als ich im zweiten Teil seine Priesterweihe beschrieben habe, war ich sicher, dass es der richtige Weg für ihn ist, aber nun steht er vor schwierigen Entscheidungen und hat es mir nicht leicht gemacht, seine Geschichte aufzuschreiben. Wir haben beide gekämpft, aber ich glaube, jetzt sind wir beide unheimlich glücklich.

Mit einem weinenden und einem lachenden Auge verabschiede ich mich von dieser kleinen Reihe, deren Anfang ein Buch gemacht hat, das immer noch im besonderen Maße mein Leben als Autorin prägt.

Ich hoffe, ihr begleitet Moritz auf seiner Reise. Zur Einstimmung habe ich hier eine kleine Leseprobe für euch.

Viel Spaß!

Erschrocken zucke ich zusammen, als die Tür aufgerissen wird und eine der Frauen sich lachend mir gegenüber auf den Sitz fallen lässt. Als der Zug anrollt, springt sie wieder auf und winkt wie verrückt aus dem Fenster.
Schmunzelnd beobachte ich sie und ihre Freundinnen, die sogar ein Stück neben dem Zug her laufen. Mit diesen Schuhen! Ich befürchte jeden Moment, dass sie umknicken, aber sie scheinen damit wirklich gut umgehen zu können.
Ich ertappe mich dabei, dass ich die Frau neugierig mustere. Ihr schmales Gesicht ist aufwendig und kunstvoll geschminkt. Die Lippen glänzen in einem dunklen Rot und ihre Augen leuchten unter den langen schwarzen Wimpern.
Ihr Lachen klingt erstaunlich dunkel. Vielleicht hat sie mit ihren Freundinnen die ganze Nacht durchgemacht, sodass die Stimmbänder nun allmählich versagen. Das Kleid würde die Annahme auf jeden Fall bestätigen, denn es besteht aus funkelnden Pailletten, die nun, da wir den Schatten des Bahnhofs verlassen haben, im Sonnenlicht wie ein Regenbogen glitzern.
Abermals wandert mein Blick zu ihrem Gesicht. Irritiert runzle ich die Stirn, als ich die deutliche Erhebung an ihrem Hals entdecke. Der Kehlkopf ist erstaunlich ausgeprägt für eine Frau. Vielleicht bilde ich mir das aber auch nur ein.
Im nächsten Moment begegnen sich unsere Blicke. Mir wird bewusst, dass ich sie die ganze Zeit angestarrt habe. Sie lächelt mich jedoch an, zwinkert und lässt sich zurück auf den Sitz fallen. Ich schließe verschämt die Augen. »Ich hoffe, der Platz ist nicht reserviert.« Fragend schaut sie mich an und gähnt dann herzhaft.
»Das weiß ich nicht. Steht das nicht immer dort oben bei der Gepäckaufbewahrung?«
»Ich steh nicht mehr auf«, jammert sie und streckt die Füße seitlich an mir vorbei. »Diese Schuhe sind echt tödlich.«
Ich kann nicht anders, als nach unten zu schauen. Dunkelblaue, glitzernde Highheels. Aus der Nähe betrachtet reichen zehn Zentimeter vermutlich gar nicht. Wer läuft mit solchen Dingern in so einem Tempo und zu so einer Uhrzeit herum?
»Das war ja mal ein super Training für den nächsten Glamour Stiletto Run«, sagt sie kichernd.
»Was ist ein Stiletto Run?«, frage ich perplex, obwohl die Bezeichnung ziemlich aufschlussreich klingt.
»Schätzchen, das, was meine Schwestern und ich gerade auf dem Bahnsteig vorgeführt haben, war eindeutig ein Wettlauf auf hohen Absätzen. Als Preis lockt dabei für gewöhnlich jedoch nicht eine Bahnfahrt zu einem einsamen Ort, sondern wohl eher ein Einkaufsgutschein, um sich neue schicke Schuhe kaufen zu können.« Sie zwinkert mir erneut zu. Unwillkürlich steigt Hitze in meinem Gesicht auf.
»Okay, verstehe«, antworte ich leise und fühle mich seltsam gehemmt. Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich eigentlich einem Mann in Frauenklamotten gegenübersitze.
»Boah, ich schwitze unter der verdammten Perücke und mein Make-up beginnt vermutlich zu verlaufen, weil mir so heiß von dem bescheuerten Spurt ist«, flucht sie im nächsten Moment und bestätigt meine Annahme. »Ganz zu schweigen, dass ich das Gefühl habe, mit beiden Füßen in der Hölle zu stehen, so brennen sie. Jetzt sehe ich vermutlich wie eine abgewrackte Tunte aus und nicht wie eine Prinzessin.«
Erwartungsvoll sieht sie mich an, aber ich habe keine Ahnung, was ich darauf antworten soll. Noch immer versucht mein Gehirn, den Mann unter all der Farbe zu erkennen. Ich weiß nicht, wer oder was eine abgewrackte Tunte ist. Darüber hat Daniel mich eindeutig nicht aufgeklärt. Obendrein mag ich es nicht, wenn jemand so dermaßen viel flucht. Ganz zu schweigen von der Erwähnung der Hölle. Offenbar hat sie mein Unbehagen bemerkt, denn sie lächelt nervös.
»Ich hoffe, mein Anblick stört Sie nicht, obwohl Sie mich wie ein verschrecktes Kaninchen anschauen.« Jetzt lässt ihre tiefe Stimme keinen Zweifel daran, dass es sich um einen Mann handelt. »Aber ehrlich, ich bin für Ihre Männlichkeit ungefährlich. Falls Sie das anders sehen, kann ich mich auch umsetzen. Allerdings möchte ich wirklich nicht aufstehen, also wäre es verdammt nett, wenn Sie mich einfach den Rest der Fahrt ignorieren würden. Ich bin ab jetzt auch ganz leise.«
»Bleiben Sie sitzen. Sie stören mich nicht. Vielleicht könnten Sie ein bisschen weniger laut fluchen.« Ich versuche zu lächeln, streiche mir verlegen über den Kopf und lenke schließlich meinen Blick auf die Natur draußen vor dem Fenster.
Es ist ziemlich unangenehm. Ich wette, Daniel würde einen Lachflash bekommen, wenn er mich jetzt sehen könnte. Sicherlich hätte er mit so einer Situation kein Problem. Er weiß vermutlich auch die richtige Bezeichnung für diese Art von Verkleidung. Ich habe jedenfalls noch nie einen derart herausgeputzten Mann im realen Leben gesehen. Selbst auf Daniels Hochzeit war niemand so angezogen. Wobei, wenn ich so darüber nachdenke, könnte ich es nicht zu einhundert Prozent beschwören. Vielleicht waren einige der hübschen Frauen in Wirklichkeit weniger weiblich.
Da gibt es doch diese riesige Person mit den orangefarbenen Haaren von der Reeperbahn in Hamburg, die hin und wieder in irgendwelchen Talkshows zu sehen ist. Ich glaube, sie hat auch ein Kinderbuch geschrieben. Leider fällt mir der Name nicht ein.
Einen Moment denke ich darüber nach, mein Handy herauszuholen und Google zu befragen. Ich könnte auch Max schnell eine Nachricht schicken. Vermutlich würde er sich prächtig amüsieren und keine Ruhe geben, bis ich heimlich ein Foto geschossen habe.
Entschlossen straffe ich die Schultern und hole die Bibel aus meinem Rucksack. Anstatt angestrengt nach draußen zu starren, kann ich mich viel besser mit Lesen ablenken. Ich schlage irgendeine Seite auf und versuche, mich auf den Text zu konzentrieren. Leider funktioniert es nicht sonderlich gut, denn meine Gedanken fahren regelrecht Achterbahn. Es ist doch nur ein Kerl in Frauenklamotten. Grummelnd schüttle ich den Kopf. In meinem Leben herrscht schon genug Chaos.
Allerdings gelingt es meinem Gegenüber nicht wirklich, das Versprechen einzuhalten. Von wegen still, leise und unauffällig!
Ich beobachte unter dem Buch hindurch, wie er mit einem sinnlichen Stöhnen die Schuhe von den Füßen streift. Ein weiteres Indiz für einen Mann, denn die Füße sind mindestens so groß wie meine. Größe 44 wird sicherlich nicht oft von Frauen getragen. Er wackelt mit den Zehen und streicht sich über die Waden, die vollkommen haarlos sind.
Mühsam richte ich den Blick wieder auf die Buchstaben, aber sie verschwimmen vor meinen Augen. Das ist doch total verrückt. Ich versuche, mich vor der Außenwelt zu verschließen, die innere Ruhe hervorzulocken und mich auf ein Gebet zu konzentrieren.
Leider raschelt mein Sitznachbar nun so laut, dass ich diesmal neugierig über den oberen Rand der Bibel schaue. Eine kurze Hose kommt zum Vorschein, in die er jetzt schlüpft. Dafür stellt er sich hin und zieht das enge Kleid viel zu weit nach oben. Ich erhasche einen Blick auf eine vorneherum absolut flache Unterhose. Vielleicht irre ich mich doch? Sollte da nicht wenigstens eine kleine Ausbuchtung zu sehen sein?
Frustriert schüttle ich über meine Dummheit den Kopf. Vermutlich hat er seinen Penis irgendwie zwischen die Beine geklemmt. Entsetzt verharre ich und schlucke schwer. Weshalb mache ich mir über solche Sachen Gedanken? Ich weiß nicht einmal an welcher Stelle ich in der Bibel lese, aber ich bin wild entschlossen, dieses Versäumnis sofort nachzuholen.
»Entschuldige, Schätzchen, dass ich nicht ganz so leise wie versprochen bin, aber ich muss das jetzt fragen: Ist das eine Art witziger Schutzeinband, um zu verbergen, was du da tatsächlich liest? Ich meine, niemand liest doch einfach so in der Bibel. Verbirgt sich dahinter etwa ein heißer, versauter Roman mit einem nicht öffentlichkeitstauglichen Cover?«
Irritiert schaue ich auf, dann drehe ich tatsächlich die Bibel um und starre auf den Einband, an dem ich nichts Sonderbares erkennen kann. Mein Gegenüber fängt an zu lachen.
»Oh sorry, aber dieser Blick ist göttlich«, behauptet sie prustend. Oder er? Es macht mich verrückt, dass ich nicht weiß, welches das richtige Personalpronomen ist. Die ganze Situation gefällt mir überhaupt nicht. Ich will doch einfach nur die Zugfahrt in Ruhe verbringen, ehe ich mich meiner Familie stelle.
Erneut lege ich die Stirn in Falten und atme tief durch. Der Pfarrer in mir siegt. Außerdem ist es nicht meine Art, unhöflich anderen Menschen gegenüber zu sein. Einer Frage gebührt auch eine Antwort.
»Was kann es in dieser Welt Schöneres geben, als seine Zeit mit dem Lesen der Bibel zu verbringen? Ich liebe es darin zu blättern und habe das Gefühl, immer wieder neue Stellen zu entdecken. Auch nach all den Jahrhunderten passen so viele Textpassagen. Sie überdauern die Zeit und das ist das wahrhaft Göttliche.«
Sie starrt mich mit offenem Mund an und schüttelt dann den Kopf.
»Das ist hoffentlich ein Witz, Schätzchen, denn ich habe ungefähr ein dutzend Gegenargumente dafür, dieses Machwerk nicht in die Hände zu nehmen.«
»Ich bin nicht Ihr Schätzchen, sondern bevorzuge Herr Pfarrer als Bezeichnung«, erwidere ich grimmig und frage mich, weshalb mich ausgerechnet diese Worte dermaßen verletzen. Es ist ja nicht so, als hätte ich sie noch nie gehört. »Es ist auch kein Machwerk, sondern die Schrift Gottes und als solche zu würdigen.«
»Fuck!«, ruft sie und schlägt sich eine Hand vor den Mund. Dann mustert sie mich so eindringlich, dass ich mich verlegen unter ihrem Blick winde. Mein aufbrausendes Verhalten erscheint mir plötzlich ziemlich lächerlich.
»Herr Pfarrer? Das ist ein Scherz, oder? Sie können doch niemals ... oder doch?«
»Nun ja ...« Ich zögere einen Moment, denn ein heftiger Schmerz rollt über mich hinweg. Im Grunde bin ich kein Pfarrer mehr. Vermutlich werde ich auch nie wieder eine Gemeinde haben. Trotzdem ist es das, was ich immer sein wollte und fühle.
»Kein Scherz«, antworte ich schließlich und deute auf das Buch. »Alles echt und überaus lesenswert.«

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Kommentare: 3
  • #1

    Piccolo (Mittwoch, 08 Juli 2020 17:50)

    Hallo Karo,

    da hatte Moritz ja eine Begegnung der besonderen Art. Ich bin sicher, sie ist sehr prägend und wichtig für sein weiteres Leben.
    Oha, wenn ich das richtig verstanden habe, dann fühlt sich Moritz zwar noch als Pfarrer, ist aber keiner mehr. Ob er schon ausgeschlossen wurde?
    Daniel wird das sicherlich feiern, aber ihre Eltern werden aus allen Wolken fallen und enttäuscht sein.

    Falls du es noch nicht getan hast, dann setz mich bitte auf jeden Fall auf deine Vorbestellerliste.

    LG Piccolo

  • #2

    Sunny (Mittwoch, 08 Juli 2020 19:09)

    Ich freu mich so! Schon seit ich den letzten Teil zur Seite gelegt habe, hab ich mich gefragt wie es wohl Moritz ergehen mag. Und die Leseprobe war auf jeden Fall schon viel versprechend. Schade, dass ich eben erst mein RSS Feed gecheckt habe, sonst hätte ich mir den Nachmittag krank zu Hause mit dem rereading der ersten Teile vertrieben. Naja, so hab ich mich mit anderem Lesestoff versorgt, aber ich glaube von dem Plan weiche ich für den Rest des Abends ab. Mal sehen ob ich direkt den 3. Band wähle oder doch ganz vorne mit der Reihe anfange. Ich freue mich auf jeden Fall auf Freitag und dann gleich ein Wochenende zum Lesen.

    Liebe Grüße,
    Sunny

  • #3

    Anna (Donnerstag, 09 Juli 2020 20:36)

    Liebe Karo,
    die Leseprobe macht Lust auf mehr und ist ja nicht mehr lang bis die Geschichte mein wird.;))
    Bin mit meinem letzten Buch eh fertig, somit werde ich bei Teil 1 beginnen, damit ich mich wieder besser rein finde.
    Wünsche dir schon heute ein schönes Wochenende
    LG Anna