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Vierter Advent - Samstag

Da ist auch schon das letzte Adventswochenende. In der Weihnachtszeit rasen die Tagen nur so dahin. 

Ich freue mich, dass euch der Kalender bisher so gut gefallen hat. Es ist für mich in jedem Jahr ein ganz besonderes Highlight mit euch auf diese Weise die Vorweihnachtszeit zu verbringen. Vermutlich ist es ein bisschen verrückt und auch nicht sehr professionell, aber ich liebe es, eine oder mehrere kurze, kostenlose Geschichten für euch zu schreiben, über Geschenke nachzudenken und diesen kleinen vorweihnachtlichen Wahnsinn zu organisieren.

In dieser Woche hatte ich einen kleinen Durchhänger und musste mich beeilen, die letzte Geschichte fertigzubekommen. Ganz abgesehen davon, dass ich zugleich noch so viel mehr aus den drei kleinen Ideen gemacht hätte. Ich lasse die Ideen jedoch in meinem Kopf und warte, was passiert. Auf jeden Fall war es für mich ein riesiges Vergnügen, in die alten Geschichten einzutauchen. 

 

Bevor es mit Ronny und Sebastian aus "ZigarrenHeld" weitergeht, verkünde ich hier noch die Gewinner:innen der letzten Woche. Im Grunde kann sich jeder, der Samstag und/oder Sonntag kommentiert hat, bei mir melden, um ein Kartenset zu bekommen. 

Die beiden Schwängelbells-Hauptgewinner:innen heißen:

Karin Hammon

Marcus Rehm 

Herzlichen Glückwunsch! 

Auch hier die Bitte, mir per email (nachricht[at]karostein.de) die Adressen zuzuschicken. Je schneller, desto größer die Chance, vor Weihnachten noch Post zu bekommen.

«Wir werden erfrieren», grummelt Sebastian. Er wiederholt den Satz immer wieder, während wir zum Gartenhäuschen gehen. Dabei ist er so dick eingepackt, dass er wie ein Michelinmännchen aussieht. Er trägt sogar lange Unterhosen mit Teddyfutter. Eine dicke Strickmütze, Schal und Handschuhe vervollständigen sein Winteroutfit. Nur die Augen und die Nasenspitze sind unverpackt. Grinsend schüttle ich den Kopf. So kalt ist es eigentlich gar nicht. Minus fünf Grad. Der Himmel ist noch herrlich blau und die Sonne sorgt dafür, dass der Schnee funkelt, als hätten sich tausende Kristalle darin versteckt. Ich kann mich gar nicht sattsehen an der Schönheit der Natur, aber Sebastians kubanische Gene schlagen voll zu. Er und sein Vater tragen schon seit Oktober dicke Strickpullover und würden am liebsten den ganzen Tag im Keller beim Zigarrendrehen verbringen oder alternativ mit heißem Kakao vor dem Kamin sitzen. 

Ich habe irgendwann sogar mal erwähnt, dass ich mit ihm auch auswandern würde, aber er möchte hierbleiben. Auch Juan hat nicht vor, nach Kuba zurückzugehen. 

Tief im Inneren bin ich froh darüber, denn ich liebe es, hier zu leben. Und zwar zu jeder Jahreszeit. Ich bin nicht nur schrecklich verliebt in Sebastian, sondern auch in die Gegend und natürlich in die kleine Bäckerei. Es fasziniert und erfüllt mich mit unglaublichem Stolz, dass ich dieses Leben führen darf. 

Endlich habe ich einen Platz gefunden, einen Ort, der sich von der ersten Sekunde an, nach einer Heimat angefühlt hat. Dabei hätte ich niemals daran geglaubt, dass es sich auf diese Weise entwickeln würde. Mein Versuch, Kevin zurückzuerobern war nur meiner Hilflosigkeit geschuldet. Damals war ich schrecklich allein und wurzellos.

«Müssen wir den Pavillon wirklich schmücken?», nörgelt Sebastian und unterbricht meine Erinnerungen. 

«Natürlich! Die Gartenhütte wird so schön aussehen.» 

Ich bleibe stehen und drehe mich zu ihm um. Schmunzelnd überwinde ich die kleine Distanz, schiebe seinen dicken Schal ein bisschen nach unten und hauche einen Kuss auf seine bläulich verfärbten Lippen. Er ist tatsächlich eiskalt. Beinahe bereue ich es, ihn nach draußen gelockt zu haben, aber ist doch bald Weihnachten und die Hütte sah im letzten Jahr wie verzaubert aus mit all den Lichtern. 

«Ich werde dich nachher aufwärmen», verspreche ich mit einem Zwinkern. 

«Das ist das Mindeste», erwidert er mit einem tiefen Seufzen, das von einer Atemwolke begleitet wird. «Aber vielleicht bin ich bis dahin auch längst erfroren. Das kannst du dann meiner Mutter erklären. Wobei ...» Er hält inne und schaut mich finster an. «Sie liebt dich ohnehin mehr als mich. Es wird ihr gar nicht auffallen.»

Lachend schüttle ich den Kopf und treibe ihn vorwärts. Zugegeben, Moni mag mich tatsächlich sehr gern, aber ich bezweifle, dass sie mich lieber als ihren eigenen Sohn hat. Trotzdem bedeutet es mir unheimlich viel, dass ich Teil dieser Familie sein darf.

Die Weihnachtslieder auf meinem Smartphone übertönen das Gejammer über die Kälte. Ich singe laut und schief mit und lasse mir den Spaß nicht verderben. Die Weihnachtszeit ist viel zu großartig, obwohl die letzten Wochen auch anstrengend waren. Ich habe kiloweise Plätzchen, Lebkuchen und Stollen gebacken. 

Nächste Woche kommen die Landfrauen in die Bäckerei. Sie backen Stollen, die dann an die ältesten Menschen des Ortes verschenkt werden. Als Kati und Moni mich gefragt haben, ob ich die Aktion unterstütze, habe ich keine Sekunde gezögert. Aber all das läuft natürlich neben dem normalen Brot- und Brötchengeschäft. Zum Glück unterstützt mich Anke im Verkauf und auch Heinrich lässt es sich nicht nehmen, mitzuhelfen, wenn es nötig ist.

«Wieso lächelst du so glücklich, während ich meine Finger und Zehen kaum noch spüre?», fragt Sebastian murrend.

«Ich liebe die Weihnachtszeit», erwidere ich und drapiere eine Lichterkette rund um ein Fenster. «Ich liebe es, dass ich hier leben darf. Mit dir, auch wenn du dich wie ein Grinch aufführst.»

«Ich bin kein Grinch. Ich mag einfach nur diese verdammte Kälte nicht.»

«Dafür wirst du gleich mit einem ganz zauberhaften Anblick belohnt werden.»

«Du kannst mich nicht locken», knurrt er, aber ich sehe, wie seine Augen zu leuchten beginnen, als die ersten Lichterketten brennen. 

Beim Dekorieren unserer Wohnung war er ganz emsig und hat mich, als ich aus der Bäckerei nach Hause gekommen bin, mit einem Weihnachtswunderland überrascht.

«Mir fällt bestimmt was ein», antworte ich und strecke ihm die Zunge heraus. «Und das weißt du genau.»

Zum Glück ist die Hütte winzig, sodass wir recht schnell fertig werden. Wir drapieren die Rehfamilie davor. 

«Jetzt müsste nur noch ein Wichtel einziehen und es wäre perfekt.»

Wir grinsen uns glücklich an. Leider ist es noch zu hell, aber es dauert nicht mehr lange, bis die Sonne untergeht und die vielen Lämpchen ihre Zauberkraft versprühen.

Sebastian umarmt mich von hinten und legt seinen Kopf auf meine Schulter. Seine eiskalte Wange berührt meine. Ich lehne mich zurück und genieße die Nähe. 

«Ich liebe dich», flüstert und wiegt mich sanft hin und her. Irgendwie muss er immer tanzen.

«Und ich liebe dich», erwidere ich und spüre, wie mein Herz schneller zu schlagen beginnt. Die Worte sind so wahr, dass ich manchmal befürchte, mich in einem Traum zu befinden, der jeden Moment vorbei sein könnte. Das ist Unsinn, aber ich habe schon so viel erlebt, dass ich gegen meine Verlustängste immer wieder ankämpfen muss.

«Bist du gespannt auf das Wochenende?», fragt er. 

«Wegen Kevin? Ich glaube, sein Whisky wird ganz großartig sein, soweit ich das überhaupt beurteilen kann.»

«Ich dachte eher an unsere Gäste.»

Augenblicklich stellt sich ein flaues Gefühl ein. 

Unsere Gäste ... Bisher habe ich Bengt noch nicht persönlich kennengelernt. Kevin und ich haben mal über ihn gesprochen, aber so richtig habe ich nicht verstanden, was er damals eigentlich geplant hatte. Ich glaube, er weiß es inzwischen selbst nicht mehr.  

«Ich bin neugierig und wünsche Kevin, dass alles so wird, wie er es sich erhofft», sage ich nach einer Weile und drehe mich in Sebastians Armen herum. «Aber jetzt sollten wir vielleicht lieber zurückgehen, bevor du dich doch noch in einen Eiszapfen verwandelst.»

«Ich springe gleich unter die Dusche», sagt Sebastian und klingt dabei so leidend, dass ich ein schlechtes Gewissen bekomme. 

«Es ist so schön geworden», schwärme ich trotzdem und drücke ihm einen Kuss auf die rote Nase. «Danke, dass ich das alles mit dir erleben darf.»

«Ich versuche für dich nicht zu erfrieren, aber ich will, dass du glücklich bist.»

«Das bin ich, so sehr, dass ich manchmal Angst habe.»

«Beruhigend zu wissen, dass ich mit diesem unsinnigen Gefühl nicht allein bin. Und jetzt komm, bevor es zu spät ist. Wir können die Hütte später vom Fenster aus bewundern.»

Mit eiligen Schritten geht Sebastian zurück zum Haus. Ich laufe ihm hinterher, werfe einen kurzen Blick auf das Hochbeet, das ich im Frühjahr mit Moni angelegt habe. Ein paar Möhren und Petersilie stehen noch darin. Direkt am Weg haben wir mit Juans Hilfe eine Kräuterspirale gebaut. Dem Salbei macht die Kälte nichts aus. Ich pflücke ein Blatt ab und zerreibe es zwischen den Fingern. Ein herrlich kräftiger Duft mit einem Hauch von Ananas. Unser Rosmarin ist ebenfalls gut angewachsen. Ich werde demnächst wieder Kräuterbrot backen. 

«Trödel nicht», ruft Sebastian mir zu. Er steht bereits auf der Terrasse neben dem riesigen Weihnachtsbaum. 

Eine wohltuende Wärme empfängt uns in der Küche. Außerdem duftet es köstlich nach Bratäpfeln.

«Seid ihr da draußen nicht erfroren?», erkundigt sich Juan, der am Tisch sitzt und Zeitung liest.

«Ich schon, aber Ronny kennt ja keine Kälte.»

«Zieht die dicken Klamotten aus und nehmt euch heißen Punsch. Die Bratäpfel sind auch gleich fertig. Für heute Abend habe ich Whiskypunsch angesetzt.»

Wir bringen die Jacken in den Flur, ziehen die Stiefel aus und schlüpfen in die mit Lammfell gefütterten Hausschuhe.

«Jetzt bekommst du auch noch eine leckere Belohnung», sage ich schmunzelnd zu Sebastian.

«Ich hatte eine andere Art im Sinn», murrt er und zieht mich in seine Arme. «Du und ich in der Badewanne, mit viel heißem Wasser und Schaum und ...»

«Sprich nicht weiter», jammere ich. «Ich kann es mir sehr genau vorstellen.» Nicht nur ich, denn seine Worte lassen mich hart werden.

«Ihr könnt die Bratäpfel auch mit nach oben nehmen.» Moni steht grinsend im Türrahmen. Offenbar hat sie einen Teil unseres Gesprächs gehört. Allein der Gedanke daran, sorgt dafür, dass meine Wangen heiß werden. Das gehört auch zu den Dingen, an die ich mich erst gewöhnen musste. Wir sind niemals so ganz allein, aber inzwischen genieße ich es sehr, ein Teil dieser Familie zu sein, die mir von Anfang an ein Gefühl von Zuhause gegeben hat.

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Kommentare: 4
  • #1

    Jana P. (Samstag, 18 Dezember 2021 13:20)

    Hab nur mal rein geschaut, ob dein Kalender schon wieder was Neues zu erzählen hat � Das ist so schön, wenn gemeinsam geschmückt wird� würde mich sehr über ein Kartenset freuen� Wünsch Euch einen schönen 4 Advent �

  • #2

    Anja Hoffmann (Samstag, 18 Dezember 2021 13:52)

    Das erwärmt ja jedes Herz und ist einfach wunderschön. Vielen Dank für diesen wunderbaren Kalender.

    Hätte auch gerne ein Kartenset und schreibe Dir morgen noch.

    Allen einen schönen 4. Advent und bleibt schön gesund. �

  • #3

    Karin Bill (Samstag, 18 Dezember 2021 14:34)

    Sooooo schön!
    Herzlichen Glückwunsch an die Gewinner ♥️

    Und allen ein wunderschönes Vorweihnachtswochenende

  • #4

    Piccolo (Samstag, 18 Dezember 2021 16:02)

    Hallo Karo, die Zeit verfliegt so schnell.
    Ronny ist im Leben zusammen mit seinen Sebastian angekommen. Ich stelle mir die geschmückte Hütte vor und bewundere sie geistig.
    Jeder hat ein anderes Temperaturempfinden. Sebastian und sein Vater frieren schnell. Dafür kommen sie wahrscheinlich mit Wärme besser zurecht.

    Wenn du noch ein Kartenset übrig hast, würde ich mich freuen. Aber ich möchte auch niemanden etwas wegnehmen. Meine Adresse hast du ja.

    LG Piccolo