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Ein neues HSN-Buch ist da!

Ich musste mich ziemlich beeilen, um zwischen den eigenen Projekten, eine Kurzgeschichte zu schreiben, aber zur Zeit läuft es wirklich gut bei mir. Ich bin so unglaublich dankbar dafür... Jedenfalls bin ich wieder dabei, bei der gerade erschienenen Spendenanthologie der HSN. Wie immer gehen die Einnahmen an den Orden der Schwestern der Perpetuellen Indulgenz Berlin, die damit wundervolle und wichtige Projekte unterstützen.  Ich kann kaum glauben, wie viele Jahre ich schon dabei bin und es ist mir immer noch ein besonderes Vergnügen und Anliegen, eine Kurzgeschichte beizusteuern. 

Das Thema war natürlich auch besonders verführerisch. Musik erfüllt mein Leben, ist Teil meines Schreibprozesses und umgibt mich quasi ständig. Erklingen bestimmte, besondere Lieder im Radio oder in einem digitalen Medium, erwecken sie Erinnerungen zum Leben, manchmal vielleicht auch negative. Lieder sind Emotionen, spiegeln Liebe wider, vielleicht auch Hass oder Trauer. Vermutlich haben die meisten Menschen ein Lied, mit dem sie einen besonderen Moment im Leben verbinden. 

Ich hatte auf jeden Fall viel Spaß beim Schreiben (und habe mich zugegebenermaßen von einer Folge meiner Lieblingsserie zu dieser Geschichte inspirieren lassen). Deshalb möchte ich euch das Buch wieder ans Herz legen. Es geht nicht nur um Karmapunkte (wie Sissi immer so schön im Vorwort schreibt), sondern auch um Kurzgeschichten für Zwischendurch. Und wer weiß, vielleicht entdeckt ihr auch eine neue Autorin oder einen Autor, von dem ihr unbedingt mehr lesen wollt. 


Klappentext: 

Wer kennt das nicht: Einen Song, der Erinnerungen weckt? Nach diesem Motto sind dreizehn Storys entstanden, die von den Autorinnen und Autoren für den guten Zweck gestiftet wurden. Der 35. Band der Homo Schmuddel Nudeln enthält folgende Geschichten:

Griechischer Wein – Sissi Kaipurgay

Die Melodie in mir - Karo Stein

Solar Eclipse – Zeitenwende - Ann Salomon

Ohne Dich - Raven le Fay

Einer dieser Steine- P.R.Jung

Cold Song – Lois Nabakow

IZBMS – Verbrecherherz - Tess Noctua

Nur ein (perfektes) Duett... - Ann Salomon

Der Rest bleibt still - Toni Lukas

Only Time - Raven le Fay

Eternal Love - Ann Salomon

Kein Engel - oder bei Tageslicht betrachtet - Jan Jürgenson

Ein Lied kann eine Brücke sein – Mia Grieg

 

Warnhinweis: Leser, die das Buch kaufen, erwerben Karmapunkte. Leute mit Schlagerallergie sollten vorsichtig sein: Es sind Spuren solcher Texte enthalten.

Der Erlös aus der Anthologie wird an die Schwestern der Perpetuellen Indulgenz Berlin gestiftet; ein gemeinnütziger, queerer Orden, der die Welt zu einem freundlicheren Ort macht.


Leseprobe:

Da ist diese Melodie in meinem Kopf.

Es sind nur ein paar Takte, die ich keinem Lied zuordnen kann, aber sie sind nahezu ununterbrochen da. Sie haben mich vor drei Tagen mitten in der Nacht aus einem wilden, unheimlichen und wirren Albtraum geweckt und mir erstaunlicherweise Trost gespendet. Das Summen im Kopf hat meinen Herzschlag beruhigt und meinen Puls wieder normalisiert. Nur leider habe ich keine Ahnung, zu welchem Lied diese Takte gehören. Ich spüre sie in jeder Zelle, summe sie unbeabsichtigt in allen möglichen – und vor allem unmöglichen – Situationen, aber bisher hat niemand aus meinem miesen Gesang das passende Lied herausgehört. Dabei strenge ich mich wirklich an.

Es ist ein bisschen unheimlich, denn die Befürchtung, dass ich durchdrehe, liegt viel zu nah, um sie zu ignorieren. Ich habe sogar gegoogelt, ob so eine plötzlich aus dem Nichts auftauchende Melodie ein Anzeichen für einen Burn-out ist, aber unbekannte Musik im Kopf zu hören, war nicht explizit als Symptom beschrieben. Das beruhigt mich allerdings nicht ernsthaft.

Ein ewiger Ohrwurm, den ich weder mit Schlagermusik, Techno oder ohrenbetäubendem Heavy Metal bezwingen kann. Selbst wenn ich ganz bewusst Lieder im Radio oder auf meiner Lieblings-Spotify-Playlist mitsinge, verschwindet die Melodie niemals komplett. Sie zieht sich lediglich in tiefere Gehirnwindungen zurück, wartet geduldig, bis ich meinen Mitsingflash beendet habe und kommt dann mit vollem Elan wieder zum Vorschein. Sie umgibt mich ständig, sorgt dafür, dass mein Herz plötzlich aufgeregt zu schlagen beginnt, als würde ich eine besondere Überraschung erwarten und beruhigt mich, wenn ich nervös oder traurig bin. Sie erfüllt mich mit einer Mischung aus Wut und Freude. Ich kann es gar nicht beschreiben, ohne mich selbst zu fragen, ob ich den Verstand verliere.

Natürlich summe ich die Melodie auch jetzt, während ich aus einem großen Stück Pappe ein Willkommensplakat für meinen besten Freund Marius male. Endlich kommt er wieder nach Hause. Vor einem halben Jahr ist er ohne ein Wort aus meinem Leben verschwunden. Einfach so … mein Herz ist in Tausende Scherben zersprungen. Mein Herz, von dem er nicht weiß, dass es ihm gehört. Schon so lange …

Ich kann mich kaum an die Zeit erinnern, in der es nicht komplett von Marius ausgefüllt war. Vielleicht am Anfang, als wir uns auf der Geburtstagsfeier meiner Schwester kennengelernt haben. Die einzigen zwei schwulen Jungs, die sie offenbar kannte und die sie unbedingt zusammenbringen wollte. Ihre Verkupplungsversuche haben damals nicht funktioniert, weil er sich gerade von seinem Partner getrennt hatte und eher einen Freund als einen Liebhaber brauchte. Also wurden wir Freunde. Beste Freunde … Dass ich mich in ihn verliebt habe, war ein schleichender Prozess. Zuerst ist es mir gar nicht aufgefallen, aber dann kamen die Träume, in denen wir uns geküsst haben. Ich nahm seine Nähe auf einmal ganz anders wahr. Sein Duft setzte eine Sehnsucht in mir frei, die ich kaum bändigen konnte.

 

Sich in den besten Freund zu verlieben, ist bescheuert und grenzt quasi an Selbstverletzung. Nicht mehr von dieser Liebe wegzukommen, tut schrecklich weh. Immer wieder habe ich darüber nachgedacht, Marius meine Gefühle zu gestehen, und mich am Ende doch nicht getraut. 

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