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Erster Advent - Sonntag

Heute zünden wir die erste Kerze an. Ich sitze auf dem Sofa, in meinem weihnachtlichen Schlafanzug, draußen schneit es und im Fernseher läuft Harry Potter ... Auf dem Fensterbrett sitzt ein Weihnachtself und wartet darauf, dass ich sein Buch fertigmache und ich kann es kaum erwarten, die kleine Geschichte zu veröffentlichen. 

Ich denke, es ist kein Geheimnis, dass ich die Weihnachtszeit mag und irgendwie werde ich im Dezember auch besonders schreibaktiv. Schon ein bisschen verrückt! 

Ich wünsche euch einen wundervollen und gemütlichen Sonntag!


PS: Ihr bekommt heute ein Türchen mehr, damit sich das Lesen hier lohnt :))))

3. 

Eine prächtig geschmückte Fichte steht auf dem kleinen Vorplatz vor dem Eingang. Rechts und links ist der Weg mit leuchtenden Zuckerstangen geschmückt. Ein riesiger Kranz mit goldenen Kugeln hängt an der Tür und jedes Fenster ist von einer Lichterkette umrahmt. Für einen Moment überlege ich, nach meiner Sonnenbrille zu suchen, denn von so viel Lichterglanz und Festlichkeit bin ich schon jetzt genervt. Dabei würde ich mich nicht als Grinch bezeichnen. Ich mag es  ein wenig dezenter und moderner. Die Vorstellung, die nächsten Wochen hier zu verbringen, erfüllt mich nicht gerade mit Freude, obwohl ich durchaus zu schätzen weiß, dass ich in einem Hotel untergebracht bin und nicht in irgendeiner Ferienwohnung. Zum Glück hat Marie nicht mal in Betracht gezogen, mich auf meine Eltern anzusprechen. Ich hoffe wirklich sehr, dass wir uns nicht begegnen. Am liebsten wäre es mir, wenn ich überhaupt niemanden aus meinem früheren Leben treffe. 

Erneut ploppt ein vertrautes Gesicht in meinem Kopf auf. Ein Lächeln, das mich vom ersten Moment an verzaubert hat. Süße Sommersprossen, katzenhafte grüne Augen und rotbraune wilde Locken. 

Ich schüttle mich, um die Erinnerung zu verscheuchen und betrete den Empfangsbereich des Hotels. Neben einer gemütlichen Sitzgruppe glitzert ein weiterer imposanter Weihnachtsbaum. 

Auf dem Tresen steht ein großes, filigran verziertes Lebkuchenhaus, das zum Anbeißen aussieht. Der Duft von Zimt, Anis, Kardamom und Kakao sorgt für ein diffuses Gefühl von Heimat in meinem Bauch.

»Willkommen im Stadtschloss«, sagt eine junge Frau mit roter Zipfelmütze. »Was kann ich für Sie tun?«

»Meine Name ist Henry Holle. Da sollte ein Zimmer für mich reserviert sein.«

»Herr Holle«, wiederholt sie und tippt auf der Tastatur ihres Rechners herum. Mir entgeht ihr Schmunzeln nicht. »Sie bleiben ja den ganzen Monat.«

»Ja, leider«, nuschle ich und versuche dabei freundlich zu lächeln. Offenbar hat sie mich gehört, denn sie schaut mich verwirrt an, sagt jedoch nichts. 

Das Einchecken geht schnell. Ehe ich mich versehe, halte ich einen altmodischen Schlüssel in der Hand und steige die breite Freitreppe nach oben. Mein Zimmer befindet sich in der ersten Etage. Der Flur ist mit dunkelroten Teppich ausgelegt. An den Wänden hängen alte schwarz-weiß Bilder der Stadt. Ein Snackautomat befindet sich nur ein paar Schritte von meiner Zimmertür entfernt. 

Ich schließe auf und seufze schwer. Damit bin ich wohl offiziell angekommen. 

 

4. 

Nach dem gestrigen Einchecken habe ich das Hotel nicht mehr verlassen und mich mit meinem mitgebrachten Proviant über Wasser gehalten. Mein Zimmer macht einem Stadtschloss alle Ehre. Die Tapete ist übersät mit goldenen Ornamenten. In dem antiken Bett fühle ich mich wie ein kleiner König. Zum Glück ist die Matratze angenehm hart. Der Fernseher ist groß genug, sich nicht die Augen zu verderben. 

Es ist ein altes Gebäude, das mit viel Liebe zum Detail restauriert und umgebaut wurde. Ich habe sogar einen Balkon mit einem wundervollen Blick auf die überaus festlich beleuchteten Häuser der Stadt. Die Bewohner leben für die Weihnachtszeit. Es gibt vermutlich kein Gebäude, dass nicht geschmückt ist.

Ich konnte gestern Abend die Musik vom Weihnachtsmarkt hören. Ein Hauch Glühweinduft lag in der Luft und erinnerte mich an eine Zeit, die ich in den vergangenen Jahren mühevoll verdrängt habe.

So oft habe ich schon lange nicht mehr an Martin gedacht. Ein unangenehmes Ziehen breitet sich im Bauch. In meiner Brust wird es schrecklich eng. Ich bekomme keine Luft, eile zum Fenster und reiße es hektisch auf. Die Luft ist eiskalt mit einem Hauch von Schnee und Weihnachten. Ich atme einige Male tief durch, versuche mich zu beruhigen und verfluche mich dafür, Marie nicht meine wahren Beweggründe erklärt zu haben. Sicherlich hätte sie Verständnis gehabt und einen anderen Mitarbeiter hier her geschickt. Mein verdammter Stolz stand mir jedoch im Weg. Ich konnte nicht zulassen, dass die Vergangenheit immer noch so einen großen Einfluss auf mein Leben hat. Ich habe mich doch davon befreit und bin stolz auf das, was ich bin und erreicht habe.

Genau das ist auch der Grund, weshalb ich hier stehe. Ich will mir selbst beweisen, dass ich es kann. Ich brauche die Gewissheit, dass dieser Ort und die Menschen mir nichts mehr anhaben können.

»Ab morgen bin ich mutig«, flüstere ich und reibe über meine schmerzende Brust. Eine Gänsehaut überzieht meinen Körper, sodass ich das Fenster wieder schließe. Ich schalte den Fernseher an, gehe zum Bett und mache es mir gemütlich. Heute müssen der Snackautomat, der Schokoladenweihnachtskalender, der zur Begrüßung auf dem Tisch stand und das Fernsehprogramm reichen. Morgen bleibt mir nichts anderes übrig, als mich der Realität zu stellen. Der Filialleiter erwartet mich schließlich pünktlich um acht Uhr.


Bekommst du gern Weihnachtspost? Dann schreib einen Kommentar hier unter diesen Beitrag und du erhältst eine Karte von mir. Ich verschicke maximal 30 Karten (hier und auf Instagram zusammen). Sollte die Anzahl der Teilnehmenden größer sein, wird mein Weihnachtself auslosen. 

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Kommentare: 5
  • #1

    Renke (Sonntag, 03 Dezember 2023 11:01)

    Hallo Karo, ich wünsche dir und deiner Familie einen wunderschönen 1.Advent �️. Es ist ein toller Anfang für eine schöne Geschichte.
    Lg Renke

  • #2

    Sabine Vieten (Sonntag, 03 Dezember 2023 11:46)

    Hallo Karo,

    Einen schönen 1. Advent wünsch ich dir.
    Ich freue mich immer sehr über deine Adventgeschichte.

    LG Sabine

  • #3

    Karin Bill (Sonntag, 03 Dezember 2023 12:57)

    Ich liebe Weihnachtspost. �
    Überhaupt liebe ich Post, die mal keine Werbung oder Rechnung oder sowas ist.
    Die gibt’s heutzutage viel zu wenig…
    Ich wünsche allen einen schönen ersten Advent

  • #4

    Anja Hoffmann (Sonntag, 03 Dezember 2023 16:24)

    Hallo Karo,

    ich liebe Weihnachtspost! Schade nur, dass man die meisten heutzutage nur noch digital erhält, daher würde ich mich mehr als freuen.

    Dir, deiner Familie und allen anderen hier noch einen schönen ersten Advent.

    LG Anja

  • #5

    Piccolo II (Sonntag, 03 Dezember 2023 18:03)

    Guten Abend liebe Karo,

    ich wünsche dir einen schönen 1. Advent.
    Immerhin ist Henry gut untergebracht die nächsten vier Wochen. Das Hotel und Zimmer können sich sehen lassen.
    Hhm, scheint ja doch nicht alles so schlecht gewesen zu sein. Martin hat Eindruck hinterlassen.

    LG Piccolo